Wie kann ich ein Haus oder eine Wohnung ohne Eigenkapital kaufen?


Wer kein Eigenkapital für einen Immobilienkauf aufbringen kann, muss den Kauf komplett mit Fremdkapital durchführen. In der heutigen Zeit gilt die alte Regel "mindestens 20 % Eigenkapital" zum Glück nicht mehr zwangsläufig, da einige Banken neben der klassischen Variante auch eine sogenannte Vollfinanzierung anbieten. Dies erleichtert den Immobilienkauf ohne Eigenkapital natürlich ungemein. Mit dem folgenden Artikel möchten wir Ihnen den Immobilienkauf ohne eigene Kapitaleinbringung näher bringen und welche Vorteile sowie Risiken damit einhergehen.


Was ist ein Immobilienkauf ohne Eigenkapital?

Der Kauf einer Immobilie wird üblicherweise mit Fremd- und Eigenkapital gestemmt. Je höher die Eigenkapitalrate desto geringer fallen die Zinsen sowie die Tilgungsraten und somit auch die Gesamtkosten für den Kredit aus. Aus diesem Grund galt für lange Zeit die goldene Regel "Finanziere die Immobilie mit mindestens 20 % Eigenkapital, um einen guten Zinssatz zu erhalten".

Da die Nachfrage nach Eigenheimen jedoch stetig steigt, gehen viele Kreditinstitute dazu über den Kunden auch eine Vollfinanzierung anzubieten. Bei einem Immobilienkauf ohne Eigenkapital (=Vollfinanzierung) wird der Kaufpreis der Immobilie sowie alle Kaufnebenkosten (wie Notarkosten, Grunderwerbsteuer und Maklergebühren) komplett über das Darlehen finanziert. Da den Kaufnebenkosten im Gegensatz zum Kaufpreis für die Immobilie kein echter Wert gegenübersteht, ist das Risiko für die Bank hoch bei einer Zwangsversteigerung auf den Kaufnebenkosten sitzen zu bleiben. Aus diesem Grund fällt die Tilungsrate und die Zinsen bei der Vollfinanzierung immer höher aus als bei einer Teilfinanzierung.


Wer kann eine Immobilie ohne Eigenkapital erwerben?

Ob Sie eine Immobilie ohne Eigenkapital erwerben können, wird von den Banken sehr genau geprüft und hängt größtenteils von deren internen Richtlinien ab. Um eine Vollfinanzierung stemmen zu können, sollten Sie möglichst schuldenfrei sein und unbedingt über ein regelmäßiges sowie hohes Einkommen verfügen. Auch ist ein sicherer Arbeitsplatz, wie im öffentlichen Dienst, von Vorteil, um eine Vollfinanzierung durch die Bank gewährt zu bekommen. Wenn Sie selbstständig sind, einen befristeten Arbeitsvertrag haben oder nur über ein geringes Einkommen verfügen, dann sind die Chancen wesentlich geringer und Sie müssen damit rechnen die Kaufnebenkosten durch Eigenkapital tragen zu müssen.

Des Weiteren müssen Darlehensverträge gemäß der Wohnimmobilienrichtline vom 21.03.2016 in ihrer maximalen Laufzeit begrenzt werden. Bis zu diesem Datum war es noch möglich einen Kreditvertrag mit einer sehr langen Laufzeit abzuschließen und diesen bis ins Rentenalter hinein abzuzahlen. Durch die Richtlinie ist nun vorgeschrieben, dass entweder der Kreditvertrag bis spätestens zum Renteneintritt abgezahlt sein oder das spätere Renteneinkommen hoch genug sein muss. Folglich lohnt es sich auf jeden Fall, früh in den Immobilienmarkt einzusteigen bzw. in ein Eigenheim zu investieren.

Damit die Bank Ihre Kreditwürdigkeit prüfen kann, wird Sie Ihnen unter anderem folgende Fragen stellen:

  • Wer sind Sie?
  • Wie hoch soll die Kreditsumme ausfallen?
  • Wird die Immobilie als Ihr Eigenheim oder eher als Kapitalanlage dienen?
  • Können Sie Sicherheiten bieten? Wenn ja, welche?
  • Bürgt jemand für Sie?
  • Haben Sie bereits laufende Kredite?
  • Können Sie mögliche Renovierungs- bzw. Modernisierungsarbeiten teilweise in Eigenleistung durchführen?
  • Was ist die Immobilie tatsächlich wert?

Grundsätzlich lohnt sich der Immobilienkauf ohne Eigenkapital immer dann, wenn eine Niedrigzinsphase vorliegt. Wer zuerst Eigenkapital bilden möchte und dann erst investiert, geht immer das Risiko ein, dass bis dahin die Phase der niedrigen Zinsen vorbei ist.


Wo liegen die Vorteile beim Immobilienkauf ohne Eigenkapital?

Wer wünscht es sich nicht mit seiner Familie in den eigenen vier Wänden zu wohnen statt monatlich Miete an den Vermieter zahlen zu müssen? Besonders für junge Familien ist die Vollfinanzierung von Vorteil, da sie sich den Traum vom Eigenheim erfüllen können noch bevor sie überhaupt Eigenkapital angespart haben. Aber nicht nur dann ist eine Vollfinanzierung lohnenswert. Wenn Sie bereits über Eigenkapital verfügen, dann können Sie dieses durch die Vollfinanzierung für finanzielle Engpässe aufheben.

In der langfristigen Betrachtung lohnt sich ein Immobilienkauf ohne Eigenkapital meist mehr als weiterhin Miete zu zahlen. Während Sie von der Miete keinen Cent wieder sehen, investieren Sie mit der Tilung des Kredits in Ihr Eigenheim und somit auch in Ihre Altersvorsorge. Die höheren Zinsen wirken sich langfristig meist nicht negativ auf Ihre Finanzen aus.


Welche Risiken gehen mit der Vollfinanzierung einher?

Um eine Vollfinanzierung von einer Bank zu erhalten, müssen Sie Ihr komplettes finanzielles Leben durchleuchten lassen. Bereits an dieser Stelle prüft und bewertet die Bank etwaige Risiken, die durch die Vergabe des Kredits an Sie entstehen könnten. Es wird unter anderem eine Immobilienbewertung vorgenommen, um zu ermitteln, ob der Kaufpreis auch tatsächlich dem Verkehrswert entspricht.

Wenn Sie den Kredit nicht mehr bedienen können, dann muss die Immobilie verkauft werden und der gesamte Erlös des Verkaufs geht an den Kreditgeber. Hierfür wird vor der Kreditvergabe auch ein möglicher Verkaufspreis ermittelt, der jedoch wegen der Risikoabschläge meist niedriger als der Verkehrswert ausfällt. 

Da die Bank durch die Vollfinanzierung ein Risiko eingeht, wird die Anfangstilung meist sehr hoch ausfallen. Damit versucht die Bank so schnell wie möglich aus der riskanten Lage eines Immobilienverkaufs mit Verlust herauszukommen. Denn je schneller Sie den Kredit abbezahlen, umso geringer wird das Risiko für die Bank, da sich die Kreditsumme dem Verkaufspreis annähert. Bei der Vollfinanzierung werden auch die Zinsen wesentlich höher ausfallen, weswegen es sich empfiehlt, die Vollfinanzierung in einer Niedrigzinsphase durchzuführen.


Vergleich: Immobilienkauf ohne Eigenkapital > Ansparen von Eigenkapital

Um Ihnen den Vorteil einer Vollfinanzierung gegenüber der Eigenkapitalansparung deutlich zu machen, möchten wir Ihnen die nachfolgenden, fiktiven Rechenbeispiele zeigen. Dabei nehmen wir an, dass eine Eigentumswohnung im Wert von 100.000 € zum Verkauf steht.

Käufer1 besitzt kein Eigenkapital und plant den Kauf mittels Vollfinanzierung in einer Niedrigzinsphase:

Eigenkapital0 €
Kreditsumme100.000 €
Effektivzinssatz2,8 %
Monatliche Rate550 €
Restschuld nach 10 Jahren Zinsbindung56.205 €


Käufer2 möchte erst Eigenkapital ansparen und dann investieren. Die Wohnung kostet weiterhin das gleiche, aber die Niedrigzinsphase ist vorüber.

Eigenkapital10.000 €
Kreditsumme90.000 €
Effektizinssatz5,0 %
Monatliche Rate550 €
Restschuld nach 10 Jahren Zinsbindung62.825 €


Anhand des Rechenbeispiels lässt sich erkennen, dass das Eigenkapital von Käufer2 durch die hohen Zinsen förmlich aufgefressen wird. Die verbleibende Restschuld fällt bei gleichbleibender Monatsrate nach 10 Jahren höher aus als bei Käufer1. Das bedeutet, dass die Finanzierung ohne Eigenkapital in einer Niedrigzinsphase günstiger ist als das Ansparen von Eigenkapital.


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